6.8.2012
Kreml und Kirchen
Heute haben wir es endlich geschafft. Wir haben es bis zur russischen Regierung geschafft. Putin haben wir leider nicht gesehen, aber wir sind unter seinen Fenstern spazieren gegangen. Wer sich wundert, was wir auf dem Arbeitsplatz des Staatsoberhauptes verloren haben, den kann ich beruhigen, wir waren im Kreml und dort arbeiten die Politiker Russlands... ich muss mich berichtigen: der Politiker Russlands. Alle anderen sind KGB-Mitarbeiter. Diese erkennt man an ihren Schirmmuetzen mit den dunkelblauen Baendern und dem grimmigen Gesichtsausdruck. Ausserdem hat mein Freund entdeckt, dass alle in dieser Uniform blond sind und annaehernd alle blaue Augen haben. Auf Nachfrage bei unserem Gastgeber hat er erwidert, dass die Auswahl der Bewerber fuer das KGB recht rassistisch vonstatten geht und hat bestaetigt, dass er noch keinen schwarzhaarigen in dem Job gesehen hat.
Um in den Kreml zu kommen, muss man sich erstmal sehr lange anstellen. Wenn man sehr frueh dran ist, steht man wie in der Heimat nur unter Deutschen an. Kommt man aber wie wir, verschlafen, gegen halb eins an, dann steht man mitten drin, im russischen Volk. Und wenn sich ein russisches Volk an einem russischen Ticketschalter anstellt, dann kriegt man schon schlechte Laune vom Zuschauen. Niemand weiss, wohin, nirgendwo steht, wo der Ein- und Ausgang zur Kasse ist, also stroemen alle einfach dahin, wo sie denken, sie am wenigsten anstehen. Das Resultat ist, dass alle in dem Ticketoffice stehen, sich anschreien und verkuenden, wie sie selbst das hier am Kreml organisiert haetten. Waehrenddessen versucht eine nicht bessergelaunte Dame am Schalter Tickets loszubringen und die Studentenausweise aus dem Ausland zu entziffern. Nach 30 Minuten Anstehen, 100 Rubel zahlen (umgerechnet 2,50 Euro), dann erneutes Anstellen, um den Rucksack zu verwahren, dann Laufen, dann wieder Anstellen, um durch einen dauerpiepsenden Kontrollpunkt durchmanoevriert zu werden, standen wir endlich im Kreml und waren nicht wirklich begeistert von den Gebaeuden um uns herum. Klar, es sind erstaunlich schoene Kathedralen und ordentliche Gebaeude mit sauberen Strassen. Aber was man erwartet, kriegt man auch, ganz ohne Aha-Effekt, ohne Erwartungen zu uebertreffen. Aber das kann auch daran liegen, dass ich erstens schon mal da war und wir uns zweitens als arme Studenten nur das Ticket fuer die Kathedralen gekauft haben. Alle Extrakosten - also der Turm und die Waffenkammer - haben wir, vielleicht zu unserem eigenen Uebel, ausgelassen. Aber das war auch sicher nicht das letzte Mal, dass wir im Kreml waren.
Die Kathedralen waren, wie immer, mit Ikonen voll. Viele erkannten wir aus der Galerie vom Vortag wieder. Ansonsten sah man wenig, weil immer wieder eine der vielen Reisegruppen sich vor etwas Besonderes stellte und auf Englisch/Chinesisch/Spanisch/Italienisch/Japanisch schrie, was man hier sehen kann.
Auf mich persoenlich machte die 202 Tausend-Tonnen-Glocke Eindruck. Wie so oft, versuchte Russland sich hervorzuheben mit etwas Absurd-tollem und goss eine Glocke, die schon vor dem ersten Laeuten zu Bruch ging.
Ausserdem wurden wir Zeuge von etwas anderem Absurden, naemlich einem Auszug aus der russischen Erziehung. Als wir naemlich im Park spazieren gingen, stiessen wir auf eine Mutter, die ihren Fotoapparat in der Hand hielt und ihren Sohn anschrie: „Was macht der Weg auf diesem Bild? Ich habe dir gesagt, ich will eine Komposition sehen! Ich verstehe das nicht, ich sage dir etwas und du machst was anderes. Warum hast du diesen Weg mit aufs Bild gemacht?“
Wir gingen schnell weiter, aber das Geschrei der Mutter verfolgte uns noch bis zum Ausgang des Parks.
Auf der Hauptstrasse Moskaus „Twerskaya“ schauten wir in einen beruehmten Delikatessenladen rein, wo wir deutsches Bier fuer 4 Euro die Flasche, Kaese von Fol Epi und Kaviar fuer 100 Euro vorfanden. Das Interessante ist, dieses Gebaeude hat auf meinen Freund und mich mehr Eindruck gemacht, als der Vormittag.
Nach unserem Ausflug zur Regierung, gingen wir heim und dann von dort aus in den Park „Kolomenskoje“, wo Zar Aleksej, Vater von Peter dem Grossen, eine Sommerresidenz fuer sich und seinen Sohn errichten liess. Im Vergleich zum Kreml waren diese Gebaeude sehr malerisch. Mitten in einem Kleinen Wald wird die Residenz durch ein Tor begrenzt und die Ikone ueber dem Torbogen segnete alle, die hindurchtraten. Die Kirchen in dem Park sind einfach, weiss mit blauen Kuppeln. Das Haeuschen von Peter dem Groessen ist aus Holz, nichts Spannendes, was eigentlich auch sympathisch macht. Von der naechsten Kirche, der ersten Zeltdachkirche (keine Kuppeln, welch eine Ueberraschung), die zu Ehren der Geburt Iwans des Schrecklichen errichtet wurde, sieht man die Ufer der Moskwa. wenn man zum Wasser geht und dann den Fluss weiter runter einen kleinen Pfad durch den Wald nimmt, kommt man zur Kirche, die Iwan der Schreckliche anlaesslich seiner Kroenung erbauen liess. Diese liegt im Schatten des Waeldchens und ist umgeben vom Friedhof der Leibeigenen, deren Graeber sich bis ins 18. Jahrhundert zurueckdatieren lassen.
Am Ufer spazierten wir dann wieder nach Hause und beobachteten die Menschen dabei, normale Moskauer mit normalen Hobbies zu sein. Nur Joggen tun manche auch mit Minirock.
Heute haben wir es endlich geschafft. Wir haben es bis zur russischen Regierung geschafft. Putin haben wir leider nicht gesehen, aber wir sind unter seinen Fenstern spazieren gegangen. Wer sich wundert, was wir auf dem Arbeitsplatz des Staatsoberhauptes verloren haben, den kann ich beruhigen, wir waren im Kreml und dort arbeiten die Politiker Russlands... ich muss mich berichtigen: der Politiker Russlands. Alle anderen sind KGB-Mitarbeiter. Diese erkennt man an ihren Schirmmuetzen mit den dunkelblauen Baendern und dem grimmigen Gesichtsausdruck. Ausserdem hat mein Freund entdeckt, dass alle in dieser Uniform blond sind und annaehernd alle blaue Augen haben. Auf Nachfrage bei unserem Gastgeber hat er erwidert, dass die Auswahl der Bewerber fuer das KGB recht rassistisch vonstatten geht und hat bestaetigt, dass er noch keinen schwarzhaarigen in dem Job gesehen hat.
Um in den Kreml zu kommen, muss man sich erstmal sehr lange anstellen. Wenn man sehr frueh dran ist, steht man wie in der Heimat nur unter Deutschen an. Kommt man aber wie wir, verschlafen, gegen halb eins an, dann steht man mitten drin, im russischen Volk. Und wenn sich ein russisches Volk an einem russischen Ticketschalter anstellt, dann kriegt man schon schlechte Laune vom Zuschauen. Niemand weiss, wohin, nirgendwo steht, wo der Ein- und Ausgang zur Kasse ist, also stroemen alle einfach dahin, wo sie denken, sie am wenigsten anstehen. Das Resultat ist, dass alle in dem Ticketoffice stehen, sich anschreien und verkuenden, wie sie selbst das hier am Kreml organisiert haetten. Waehrenddessen versucht eine nicht bessergelaunte Dame am Schalter Tickets loszubringen und die Studentenausweise aus dem Ausland zu entziffern. Nach 30 Minuten Anstehen, 100 Rubel zahlen (umgerechnet 2,50 Euro), dann erneutes Anstellen, um den Rucksack zu verwahren, dann Laufen, dann wieder Anstellen, um durch einen dauerpiepsenden Kontrollpunkt durchmanoevriert zu werden, standen wir endlich im Kreml und waren nicht wirklich begeistert von den Gebaeuden um uns herum. Klar, es sind erstaunlich schoene Kathedralen und ordentliche Gebaeude mit sauberen Strassen. Aber was man erwartet, kriegt man auch, ganz ohne Aha-Effekt, ohne Erwartungen zu uebertreffen. Aber das kann auch daran liegen, dass ich erstens schon mal da war und wir uns zweitens als arme Studenten nur das Ticket fuer die Kathedralen gekauft haben. Alle Extrakosten - also der Turm und die Waffenkammer - haben wir, vielleicht zu unserem eigenen Uebel, ausgelassen. Aber das war auch sicher nicht das letzte Mal, dass wir im Kreml waren.
Die Kathedralen waren, wie immer, mit Ikonen voll. Viele erkannten wir aus der Galerie vom Vortag wieder. Ansonsten sah man wenig, weil immer wieder eine der vielen Reisegruppen sich vor etwas Besonderes stellte und auf Englisch/Chinesisch/Spanisch/Italienisch/Japanisch schrie, was man hier sehen kann.
Auf mich persoenlich machte die 202 Tausend-Tonnen-Glocke Eindruck. Wie so oft, versuchte Russland sich hervorzuheben mit etwas Absurd-tollem und goss eine Glocke, die schon vor dem ersten Laeuten zu Bruch ging.
Ausserdem wurden wir Zeuge von etwas anderem Absurden, naemlich einem Auszug aus der russischen Erziehung. Als wir naemlich im Park spazieren gingen, stiessen wir auf eine Mutter, die ihren Fotoapparat in der Hand hielt und ihren Sohn anschrie: „Was macht der Weg auf diesem Bild? Ich habe dir gesagt, ich will eine Komposition sehen! Ich verstehe das nicht, ich sage dir etwas und du machst was anderes. Warum hast du diesen Weg mit aufs Bild gemacht?“
Wir gingen schnell weiter, aber das Geschrei der Mutter verfolgte uns noch bis zum Ausgang des Parks.
Auf der Hauptstrasse Moskaus „Twerskaya“ schauten wir in einen beruehmten Delikatessenladen rein, wo wir deutsches Bier fuer 4 Euro die Flasche, Kaese von Fol Epi und Kaviar fuer 100 Euro vorfanden. Das Interessante ist, dieses Gebaeude hat auf meinen Freund und mich mehr Eindruck gemacht, als der Vormittag.
Nach unserem Ausflug zur Regierung, gingen wir heim und dann von dort aus in den Park „Kolomenskoje“, wo Zar Aleksej, Vater von Peter dem Grossen, eine Sommerresidenz fuer sich und seinen Sohn errichten liess. Im Vergleich zum Kreml waren diese Gebaeude sehr malerisch. Mitten in einem Kleinen Wald wird die Residenz durch ein Tor begrenzt und die Ikone ueber dem Torbogen segnete alle, die hindurchtraten. Die Kirchen in dem Park sind einfach, weiss mit blauen Kuppeln. Das Haeuschen von Peter dem Groessen ist aus Holz, nichts Spannendes, was eigentlich auch sympathisch macht. Von der naechsten Kirche, der ersten Zeltdachkirche (keine Kuppeln, welch eine Ueberraschung), die zu Ehren der Geburt Iwans des Schrecklichen errichtet wurde, sieht man die Ufer der Moskwa. wenn man zum Wasser geht und dann den Fluss weiter runter einen kleinen Pfad durch den Wald nimmt, kommt man zur Kirche, die Iwan der Schreckliche anlaesslich seiner Kroenung erbauen liess. Diese liegt im Schatten des Waeldchens und ist umgeben vom Friedhof der Leibeigenen, deren Graeber sich bis ins 18. Jahrhundert zurueckdatieren lassen.
Am Ufer spazierten wir dann wieder nach Hause und beobachteten die Menschen dabei, normale Moskauer mit normalen Hobbies zu sein. Nur Joggen tun manche auch mit Minirock.
Mimi_Lund - 7. Aug, 00:05