Montag, 10. September 2012

25.08.2012

Die letzten Kilometer

Schon nach dem Aufstehen bemerkten wir eine Veränderung der Natur. Nicht nur war es wirklich schwül und heiß geworden, auch die Landschaft hörte auf, flach und steinig zu sein und wurde grün und bergig. Die steilen Berge, von saftigen Büschen bewachsen, hoben sich von einem geschlängelten Fluss tief unten im Tal empor, einer höher als der andere, während wir durch 60 Tunnels in unserem langsamen, aber stetigen Tempo fuhren. Und mit jedem Tunnel, der das Licht schluckte und uns recht blöd aus der Wäsche gucken ließ, kamen wir unserem Ziel näher und näher.

Peking. Der erste Anhalt, den China auf seine Anwesenheit gibt, sind die Zeichen. Und während man sich wundert, wie man als Chinese so viele Zeichen lesen und verstehen kann, vergisst man komplett, sich zu fragen, was eigentlich die Aufschrift auf dem Haus bedeutete, an dem man gerade vorbeigerast ist.

Je näher wir unserem Ziel kamen, desto weiter weg rückte die Sonne. Hinter einem dichten Smog lugte sie ab und zu noch raus doch bald erinnerte nur der leichte Schatten, den die Bäume warfen, daran, dass noch Strahlen ankamen. Und wirklich weit konnten wir auch schon nicht mehr sehen, nachdem uns die Dunst- und Smogglocke uns gefangennahm.

Und schon bald tuckerte der Zug in die Stadt und während ich besonders still wurde, sprangen meine Mitreisenden von den Betten und schielten aus dem Fenster. "Was ist denn hier los?", fragten sie sich verdattert, "die fahren ja geordnet und in ihren Fahrbahnen..." Lilly fing an, vor Aufregung, ihre Pläne darnieder zu legen, von dem Besuch ihrer Gastfamilie (sie war schon mit 16 ein Jahr in China) bis hin zu ihrem jetzigen Studienaufenthalt, während ich zuhörte und mir ausmalte, wie mein erstes Mal im Land der aufgehenden Sonne (?) sein würde, ohne genaue Vorstellungen von dem Land oder gar der Stadt.

Der Zug fuhr in einem leeren Bahnhof ein, wo uns ein sauberes Gleis erwartete und fuktionierende Rolltreppen, ein längerer Weg durch eine Unterführung ("Wieso sind hier so wenig Menschen, wir sind doch in China, wo sind die Menschen?") und plötzlich standen wir auf einem riesigen Platz, wo Chinesen sich tummelten und Langnasen wie wir sich entweder orientieren versuchten oder an den Ständen auf Chinesische Ware stürzten. Als wir die Schlange von den Tickets für die U-bahn sahen, hatten wir Mitleid mit Lilly, die sich an dieser Stelle von uns verabschiedete und in Richtung Gastfamilie fuhr.
Ein ganz komisches Gefühl stieg in mir auf, da dies das erste Zeichen vom nahenden Ende unserer Reise war. Abschied.

Mein Freund und ich entschieden uns "die paar Blocks" zu Fuß zu laufen zu unserem Hotel und stiefelten viel zu warm angezogen (jedoch ist man bei 35°C immer zu warm angezogen) durch die monströs großen Straßen Pekings. An einer Ecke ließ ich mich vom Rasensprenkler einer Bank (meine Vermutung) nassspritzen, während mich die zwei chinesischen Wachen in ihren schnieken grünen Uniformen (warum hat man die deutsche Polizei nochmal blau gemacht?) argwöhnisch beobachteten. Als wir an den Wolkenkratzern mit der "oriental mall" angekommen waren, fanden wir gegenüber unser kleines Hotel, das ruhig und abgelegen von der Straße lag.

Dort verstand man das Chinesisch meines deutschen Freundes besser als sein Englisch und bald waren wir eingecheckt und endlich mit der Freiheit ausgestattet, all unsere dreckige Wäsche aus dem Rucksack auf den Boden zu manövrieren und in den Weiten unserer Packkünste noch die letzten wohlriechenden Sachen zu finden, die wir für unseren ersten Tag in China gleich anzogen.
Das Zimmer an sich war sehr chinesisch - zwei riesige harte Betten, eine koreanische Klimaanlage, die nur die Einstellung "Frost mit Erkältung" kannte, ein Fernseher mit ausschließlich chinesischen Sendern und einem Klo, das in sich auch eine Dusche war und sobald Wasser lief, alles flutete, was da war.

Mit knurrenden Magen sprangen wir in das nächstbeste Restaurant, was sich als sogar recht edel entpuppte und bestellten Lamm, Fisch und Kartoffeln, die in winzig-dünne Stäbe zerkleinert waren und mit Chili in heißem Öl angebraten wurden. Alles schmeckte so gut, wie man es sich vorstellt.
Doch China schmeckt nicht so, wie man es in Deutschland in all den Restaurant behauptet - dort wurde es europäisch abgeschmeckt. Hier schmeckt es anders, normal anders. Das Lammgericht war so sehr mit Kreuzkümmel verfeinert, dass ich die Stückchen Fleisch erstmal abklopfen musste, um die ganzen Samen abzuschütteln. Der Fisch, der in seiner Soße schwamm und weiter brutzelte, war mit so viel Chili belegt, dass man die ganze Haut abschälen musste, um nicht den restlichen Tag Feuer spucken zu müssen. Und bei den Kartoffeln mussten auch Chilistückchen gemieden werden.
Der andere Punkt, was am Essengehen in China Spaß macht, ist der Preis. Für ein Festmahl zahlt man höchstens 5 €, meistens viel weniger. Nur in diesem Restaurant gab es eine Hochglanz-Manükarte, was gleich den Preis für alle Gerichte hochschraubte.

China zu beschreiben, da reicht ein Blogeintrag nicht aus. Und so werde ich über die nächsten Beiträge immerwieder versuchen, das Gefühl, das einen fesselt, zu beschreiben, die Häuser, die Landschaft, die Menschen - das wird nach und nach kommen, also seid bitte nicht enttäuscht, falls euch mein heutiger Text noch nicht in dieses exotische Land entführen mag. Aber ich bin guter Hoffnung, es euch wenigstens ein bisschen nahebringen zu können. Und mit ein bisschen Phantasie werdet ihr euch meinen Reisen anschließen und den Ausblick von der Chinesische Mauer genießen, den Geruch von Räucherstäbchen und Glauben in den buddhistischen Tempeln spüren und Pause in den östlichen Palästen der Verbotenen Stadt mit mir machen können.
Ich freue mich schon darauf!

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