Donnerstag, 16. August 2012

16.8.2012

Bolshoe Goloustnoe - Kadiljnaja

Nachdem jeder noch seinen Magen gefuellt und die letzten Sachen gepackt hat, gingen wir noch ein letztes Mal auf das Plumsklo und machten uns auf den Weg zu unserem zweiten Baikalstopp - Kadiljnaja, 20 km am Baikalsee entlang.
Doch zuerst muss man, wie das so ist, den Eintritt in den Baikaler Nationalpark zahlen. Das Buero, die bergnaheste Huette im Dorf, fanden wir Dank Tujana schnell und wurden von vier dahinvegetierenden Rangern begruesst. Die in Kriegsstrampler (die mit den verschiedenen gruenen Flecken) angezogenen Maenner verteilten sich auf den kargen Raum mit den zwei Buerotischen und fingen an, wichtig zu sein. Waehrend der eine unsere Erlaubnis per Hand schrieb, schaute der andere boese in die Luft. Wir zahlten pro Nase pro Tag und erhielten eine kleine Urkunde, die wir auf Nachfrage jedem Ranger im Wald zeigen mussten. Nach nur 10 Minuten "Amt" und fuer russische Verhaeltnisse netter Behandlung waren wir befugt, unsere Wanderung anzutreten.

Die zentrale Strasse, die als einzige asphaltiert ist, fuehrte uns an verschiedenen Huetten, einer Kirche und einem Leninkopf im Garten eines bewohnten Hauses zum Baikalsee, an dem nun der Wanderweg startete. Irgendwann am Anfang der Strasse lief uns ein schwarzer grosser Hund zu, der an uns schnupperte und meinen Freund und Lilly ein bisschen verschreckte. Doch als er anfing, uns staendig vorauszulaufen, gewoehnten sich die beiden an seinen Anblick. Der Hund, mit seinen paar grauen Stellen im Fell, kannte anscheinend den Weg und begleitete uns, denn er blieb immerwieder stehen, schaute sich um und versicherte sich, dass wir ihm folgen. Schon bald hielten wir nach ihm Ausschau, doch insgeheim machte ich mir Sorgen, er koennte sich an uns so sehr gewoehnen, dass er dann nicht versteht, dass wir ihn nicht mitnehmen und fuer ihn sorgen.
Im Hinterkopf hatte ich die beruehmte Geschichte eines russischen Poeten ueber einen Hund, der in Touristen Menschen findet, die ihn liebhaben und gut behandeln, doch als sie dann weggehen, fuehlt sich der Hund so verlassen, dass jeder, der die Geschichte liest, sich vornimmt, nett zu den sabbrigen Vierbeinern zu sein.

Doch der Hund verlangte keine Streicheleinheiten, bellte nicht nach Leckerlis, er beleitete uns einfach auf dem Weg. An unserem ersten Stopp, wo wir zum ersten Mal aus dem Baikalsee schluerften, legte er sich hin und schlief eine Runde. Es dauerte naemlich seine Zeit, bis wir die beste Methode fuer das Wasserschoepfen entwickelten. Mein Freund war sehr stolz auf seine Konstruktion, die er aus Draht und einem Flaeschchen bastelte. Doch wir undankbaren Maedels wuerdigten seine Erfindung mit nur einem einzigen Foto und schoepften dann mit unserem legendaeren Plastikbecher (der schon in der Transsib schwarzen Tee und in der Vornacht den ersten russischen Wodka servierte) das klare frische Wasser aus dem grossen See.

Der kalte Wind, der unbarmherzig durch jede kleinste Pore drang und in den Nacken kletterte, trieb und bald weiter und der Hund rannte wie immer vor. Unser Weg fuehrte uns an den hohen und den steinigen Ufern entlang, fuehrte uns in die russischen Waelder, an Klippen vorbei und der Sonne engegen. Der Himmel war bewoelkt, aber die Sonne fand ihren Weg hindurch und gab uns einen schoeneren Ausblick, als wir je erwartet haetten.

Zwischendurch trafen wir ein ukrainisches Paerchen, das nach ihrer Tramp-Reise nach Peking jetzt auf ihrem Rueckweg auch den Baikal erobert, und unterhielten uns ein wenig mit denen. Sie fragten uns nach unserem Hund und wir antworteten, dass wir nicht einmal einen Namen fuer ihn hatten. Aber schon bald trennten sich unsere Wege und wir wuenschten uns gegenseitig einen guetigen Wettergott.

Irgendwann verliess uns der Hund und einerseits waren wir alle traurig, die weitere Wanderung ohne unseren treuen Weggefaehrten bestreiten zu muessen, aber andererseits war ich erleichtert, dass der Hund wahrscheinlich zu sich nach Hause gelaufen ist, wo er sicherlich auch erwartet wurde. Der Weg wurde nasser, denn es fing an zu nieseln und die sich auf den Blaettern und Straeuchern ansammelnde Fluessigkeit streiften wir mit unseren Beinen ab. Schon bald waren alle ab den Knien plitschnass und in den Schuhen meines Freundes konnte man den sinkenden und steigenden Wasserspiegel bei jedem Schritt erkennen.

Doch bald wurde der Regen staerker und das Laufen unangenehmer. An einer Stelle nahmen wir eine falsche Abzweigung, die uns am Ufer entlangfuehrte, das nicht immer leicht begehbar war. Nach einer langen Weile, als wir die ersten Kuhfladen vor unseren Fuessen fanden, schaetzten wir uns nicht weit von der Zivilisation und freuten uns auf die Unterkunft.

Als wir endlich ankamen, durchnaesst und fertig, wurden wir von ein paar nett grinsenden Maennern empfangen und mussten gleich unsere Nationalparkerlaubnis vorzeigen. Gegen eine fast symbolische Summe durften wir einkehren, aber auch erkennen, dass es in dem Bettenhaus kaum waermer war als draussen. Zum Glueck kam eine moskauer Reisegruppe vorbei, fuer die es sich lohnte, trotz Sommer (man bemerke, dass es fuer die Sibirjaken auch bei 8 Grad keinen Grund fuers Heizen gibt) den Ofen anzufeuern. Ich nutzte gleich die Gelegenheit, alle unsere triefenden und stinkenden Sachen zum Trocknen ueber dem traditionell weissen Ofen aufzuhaengen.

Das Klo in dieser Unterbringung war zwar fortschrittlicher, mit Spuelung und Kloschuessel, war aber zu weit weg (hinter einem Zaun, neben einem Pferd, das graste) um es wertzuschaetzen.

Die fuenf Huetten, die in diesem kleinen Ort standen (fuer zwei Familien, die hier wohnten, zwei Fischer auf Durchreise und die wechselnden Gaeste) wurden von Pferden, Kuehen und einem Kater bewacht.
Das schneeweisse Katerchen mit den orangen Flecken, weckte in jedem einen Kuscheltrieb und schnerrte und schmuste sehr, wenn man anfing, ihn zu streicheln.

Spaeter lernten wir zwei deutsche Wanderer aus Berlin kennen, mit denen wir uns gleich zum Abendessen verabredeten und zusammen einen weiteren Wodka probierten. Unser Fazit war, dass selbst der mittelbillige Wodka in Russland besser schmeckt, besser aufwaermt und weniger Kopfschmerzen bereitet, als ein teurer Wodka in Deutschland.

Mit ein bisschen Wodka liess es sich wunderbar ueber Politik Deutschlands, Russlands und eigentlich auch der ganzen Welt gut diskutieren, bis die eingebrochene Nacht uns in unsere Betten zog.

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