Sonntag, 26. August 2012

17.08.2012 Teil 2

Der Abgrund und die Sexparty

Nachdem wir auch einen Trinkspruch auf die russische Gastfreundschaft zum Besten gaben (der aber nun wirklich nicht an die Poesie und Kreativitaet eines richtigen russischen Trinkspruchs herankam), draengte die Zeit und waehrend mein Freund seine Blasen an den Fuessen verband und Lilly noch ein letztes Mal aufs Aussenklo mit der Klospuelung (!!) ging, wusch ich ab ("Hey Alexandr, schau mal, das Maedchen ist eins von unseren! Sie ist russisch erzogen!") und raemte noch ein bisschen auf.

Die Blasen meines Freundes wurden von Iwan noch begutachtet, mit H2O2 bearbeitet und mit bestimmtem Gras verbunden. Dann winkten wir uns Adieu (Vsego Dobrogo!) und wir stapften in Richtung Sonne.

Schon nach dem ersten Berg packte uns die Sehnsucht nach dem Baikalwasser und bei der ersten Gelegenheit stuerzten wir uns an einen abgelegenen Strand im Windschatten, zogen uns aus und wateten langsam ins eisige Wasser. Waehrend Lilly und mein Freund die "Kurz und schmerzlos"-Variante aussuchten und nach einem schnellen Tunken schon wieder draussen waren, bewegte ich meinen Koerper Zentimeter fuer Zentimeter in das Wasser. Noch bevor das Wasser meinen Bauchnabel benetzen konnten, standen die beiden schon wieder am Strand und rubbelten sich warm. Doch als ich komplett im Wasser verschwand und meine Haut sich schon von Gaensehaut zu Elefantenhaut versteifte, fand ich Gefallen am Wasser, dass ich beim Schwimmen auch noch bedenkenlos trinken konnte. Ich schwamm hinaus und blickte in den wolkenlosen Himmel, waehrend meine Beine im glasklaren Wasser mich antrieben. Die Luft blieb mir vor Kaelte weg, aber das Lebensgefuehl im Baikal gibt einem mehr.

Nach diesem Hoehepunkt liefen wir weiter, mit unseren Rucksaecken, die langsam an Gewicht verloren. Wasser brauchten wir kaum mitzuschleppen, da wir immer aus dem See trinken konnten und das Essen, das wir uns fuer die Reise vor zwei Tagen kauften, ging langsam zur Neige. Doch der frische Fisch staerkte uns fuer den wunderschoensten Teil unserer Wanderung. Die steilen Abhaenge unter uns raubten uns die Luft, die felsigen Klippen machten den Weg schmaler und das gute Wetter den Ausblick schoener. Die Wanderung kann man wirklich nicht beschreiben, nur Bilder kommen nah genug ran, das Lebensgefuehl auf so einer Klippe zu beschreiben. Wenn keine Menschenseele zu sehen ist, das Wasser unter dir klar und blau ist und der Abgrund an deinen Fuessen deinen Koerper leichter macht, dann bist du am Baikalsee. Und wenn das Wetter mitspielt, dann kannst du alle Problemchen und Ungerechtigkeiten komplett vergessen.

Irgendwann, an einer besoders steilen Klippe, an der wir uns festhalten mussten, merkten wir, dass hinter dem naechsten Baum kein Weg mehr ist und wir kehrten um. Mein Freund kletterte sogar zwischen zwei kleine Klippen, um zu sehen, ob da der Weg weitergeht. Doch der Umweg, den wir erst nach einer halben Stunde in die Rueckrichtung erreichten, fuehrte uns um die Klippe durch einen Wanld herum, in dem uns an vielen Stellen sogar noch schoenere Ausblicke boten.

Eine Lebenserfahrung habe ich heute beid dieser Wanderung gemacht: ich werde mir, sobald meine Fuesse wieder deutsche Erde unter den Fuessen haben, passende Wanderschuhe kaufen, solche, die meinem Grosszehengrundgelenk nicht schaden! Mein Hinken wurde mit der Zeit immer schlimmer und trieb mich an, schneller zu gehen, damit ich schneller ankomme und nciht mehr laufen muss. Doch schon eine unebene Flaeche und der andere Fuss ist verknackst, und ich weiss nicht mehr, mit welchem Fuss ich eigentlich mehr hinken sollte... Wie ich die letzten Kilometer geschafft und auch noch smalltalks mit russischen Wanderern abhalten konnte, weiss ich nicht mehr, doch bald kamen wir in dem kleinen Doerflein "Boljshie Koty" an, wo wir uns erstmal verliefen. Im Reisefuehrer war eine verwirrende Wegbeschreibung zu lesen, die Frau, die wir fragten, erklaerte uns noch verwirrender, wohin wir laufen muessten, und wir landeten erstmal in einem Haus, das anscheinend eine Sexparty beherbergte. Wir wurden froehlich reingebeten, Maedchen mit Miniroecken und ohne Unterhosen laechelten uns an, als ich in der Tuer stand und moeglichst hoeflich erklaeren wollte, dass wir hier unbedingt weg wollten. Und waehrend mich eine betrunkene und umhaengte Frau zuschwallte, wo man denn hier schlafen kann und wie viele Auslaender schon heute an ihr "geklebt" hatten, warfen sich mein Freund und Lilly schon Blicke zu und trieben mich an, nicht zu hoeflich zu sein.
Irgendwann fluechtete ich, wir fragten die naechste Omi und wir landeten in einem Hotel, in dem in der Kueche betrunkene Frauen sassen und mit ihrem Wodka in der Hand Lieder von traurigen Liebenden sangen. Das stellte sich auch nicht als unser Hostel raus, obwohl uns der Hostelvater schon einquartieren wollte.

Aber nach einer Stunde Herumirren und dem Sonnenuntergang erreichten wir endlich unser Schlaflager und kochten uns einen wirklich trockenen Buchweizenbrei.

Unser Zimmer entpuppte sich als ein wahrer Segen, da es eine Heizung gab und der kalte Wind vom Baikal durch keine Ritzen blasen konnte. Die Zimmer waren nett eingerichtet mit asiatischen Lampenschirmen und kleinen plazierten Gegenstaenden, die an ein baeuerliches Leben erinnerten. Leider war die Decke so niedrig, dass sich jeder mindestens ein Mal stiess - ich hatte sogar das Glueck, meine werte Birne oefter anzuhauen, dass mir das Buersten meiner Haare immernoch schmerzt.

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