Freitag, 31. August 2012

20.08.2012

Tschuess Baikal - Hallo 2. Klasse

Um 4 Uhr in der Frueh, als sich meine Freunde noch den Schlaf aus den Augen rieben, stand ich stramm im Gemeinschaftszimmer und machte Morgengymnastik, damit mein Koerper gar nicht erst auf die Idee kommt, uebernaechtigt zu sein. Aufgekratzt und mit dunklen Augenringen unter den Augen machten wir uns auf den Weg ueber die verlassenen Strassen Irkutsks zum Bahnhof, wo wir mit gefuehlten 200.000 deutschen Rentnern in den aufpolierten Waggon unseres Schnellzuges nach Ulan Baator stiegen.

Wir haben mit allem gerechnet, wirklich allem, in der dritten Klasse der letzten beiden Fahrten haben wir die Toiletten ertragen, die Hitze durchlebt, sind den Stinkefuessen ausgewichen und die Bettwanzen gejagt. Aber was uns nun in der zweiten Klasse erwartete, raubte uns die Luft.
"Ich komm nicht klar", maulte mein Freund, als er den Luxus unseres Abteils betrachtete. Wir waren zu dritt allein in unserem Viererabteil, das mit Klimaanlage, Nachlaempchen fuer jeden und wunderschoen breiten Betten ausgestattet war. Eine kleine Tischdecke zierte unser Tischchen, auf dem wir uns gleich ausbreiteten. Ein Fernseher schaute von oben auf uns runter, doch wir fanden leider keinen Anschaltknopf und redeten uns ein, dass es nun wirklich nicht in eine solche Reise passt, Fernsehen zu schauen. Fuer die Obenschlafenden konnte eine Leiter ausgeklappt werden, damit sie ohne schlimme Verrenkungen wie in der dritten Klasse auf ihr Bett klettern konnten.
An den Waenden waren sogar kleine Regalchen aufgehaengt fuer laengere Reisen. Man konnte sogar Handtuecher darin aufhaengen, damit sie gut trockneten. Und die Bettbezuege liessen gleich bessere Qualitaet erkennen und die Handtuecher hatten sogar ein Muster eingenaeht.

Doch wir mussten uns schnell an den Luxus gewoehnen, da unsere Muedigkeit uns in die Betten zog.

Zwei Stunden nach Abfahrt, also um 7 Uhr morgens klingelte auch schon unser Wecker und wir genossen den erstaunlichen Sonnenaufgang ueber dem Baikalsee, an deren Ufer wir langsam vorbeifuhren. Ich persoenich war zu muede von meinem naechtlichen Bloggen, dass ich den Sonnenaufgang geniessen konnte, doch mein Freund nutzte die Qualitaet von Lilly's Kamera und machte Sonnenaufgangsfotos.

Die meiste Zeit im Zug nutzten wir heute zum Schlafen. Leider kommt man in einer zweiten Klasse, deren Waggon auch noch mit deutschen Rentnern gefuellt ist, nicht dazu, sich einfach zu jemandem zu setzen und ein Gespraech anzufangen. Also bleibt man in seinem kleinen sterilen Abteil sitzen und wartet gespannt auf den Grenzuebergang.

Der kam noch vor Sonnenuntergang: ein kleines Dorf namens Nauschki, in dem sich nicht viel mehr als Alkoholismus und Vandalismus abspielt, wenn man nach dem Park im Zentrum urteilt. Dafuer aber gibt es dort Panzer und Soldaten, die diese bewachen. Und als Lilly und mein Freund (ich traute mich nicht) Fotos davor machten, schlenderte einer der Soldaten in unsere Richtung, sodass wir die Flucht ergriffen.

Im doerflichen "Produkti" kauften wir uns ein Eis und ein paar Lebensmittel, die uns durch den Abend bringen sollten. Leider gab es kein frisches Gemuese, sodass unser Abendessen spaeter doch recht trocken blieb.

Mit dem Eis in der Hand und dem Laecheln im Gesicht marschierten wir ueber die Strassen, bis meinem Freund sein Eis auf den Boden fiel. Doch er ist kein Mann von grosser Traurigkeit, er nahm es schnell vom Boden schrie "Drei-Sekunden-Regel" und biss wieder ab.
Kurzer Ausflug in das Mythos der "Drei-Sekunden-Regel": diejenigen, die diese Religion mit Leib und Seele leben, sind der Ueberzeugung, dass Schmutz und Bakterin erst nach drei Sekunden warten und dann erst auf das Lebensmittel stuerzen, was sich ihnen auf dem Boden bietet. Vollkommener Mumpitz, sage ich. Mein Freund, Medizinstudent, denkt anders. Und der Sand, der zwischen seinen Zaehnen knirschte, brachte ihn auch nicht auf das Ueberdenken seiner Lebenspsychologie.

Vor der Passkontrolle heorten wir die Reiseleiterin der deutschen Rentner keifen: "Wenn der Beamte kommt, muesst ihr aufrecht sitzen, die Haende an sichtbarem Platz und Pass in der Hand!"
Die Passkontrolle lief dann folgendermassen ab: "Passssport, pliiiisssss" - fertig.
Dann gab es noch die Personenkontrolle, wo wir aus dem Abteil rausgetrieben wurden, um unter die Betten zu schauen - fertig.

Ueber die mongolische Grenze rueber, merkten wir, dass die Mongolen besser Englisch redeten, korrekter angezogen und fruendlicher gestimmt waren.

Nach dem Getummel um die Paesse und die nicht vorhandenen versteckten-geschmuggelten Personen unter unseren Betten, durften wir endlich ins Bett gehen, um 6 Uhr in der Frueh am naechsten Morgen kamen wir ja endlich in der Mongolei an.

19.08.2012

Boljshye Koty - Irkutsk

Schon beim Fruehstueck fiel uns das gute Wetter auf - gestern noch Regenfaelle, heute schon Sonnenschein. Und waehrend wir die Ueberreste unserer Gretchka (Buchweizenbrei) mampften, sahen wir aus dem Fenster heraus die vielen Menschen auf dem Berg neben dem Dorf. In der Wette, wie lange man denn dort rauf brauche, verlor ich, als unser Hausherr bestaetigte, dass man schneller als in einer halben Stunde da raufkommt. Da unsere Faehre nach Listvyanka, dem ersten Zwischenstopp auf unserer heutigen Reise, erst in einer Stunde ablegte, packten wir schnell unsere Sachen und stapften - ich humpelte noch von meinem Knoecheltrauma - den Berg hinauf.

Oben angekommen bot uns ein schoener Ausblick auf das 50 Seelen Dorf, das sich auf das kleine Tal am Seeufer erstreckte und zu dem keine Strassen fuehrten, bloss die ueberteuerte Faehre ist der einzige Weg raus. Wieder unten verabschiedeten wir uns von den Dorfhunden, Dorfpferden, Dorfkuehen und vor allem vom Baikalsee, indem wir noch einen kraeftigen Schluck aus ihm nahmen und das kalte Nass spuerbar in den Magen lief.

An der Faehre hatten wir mal wieder einen wunderbaren Eindruck vom nicht vorhandenen Service-Sektor Russlands:
"Erst die Leute mit Tickets einsteigen bitte!"
"Ich habe aber noch kein Ticket."
"Was habe ich gesagt? Erst die Leute mit Tickets, also weg da!"
Dafuer war die Fahrt nett, bei der wir aus dem Fenster den Grossen Baikal Pfad betrachten konnten, der hoch und runter, ueber Stein, Fels und Wiese lief. Leider mussten wir meinetwegen die heutige Wanderung durch den Wasserweg ersetzen, da mein Knoechel immernoch schrie und weinte.

In Listvyanka, wo die Hotels gross und die Touristen vielzaehlig sind, landeten wir auf einem Markt, wo wir nicht umhin konnten, als uns echten kaukasischen Schaschlik und echten usbekischen Plow von einem echten Georgier servieren zu lassen. Doch insgeheim vermerkte ich, dass meine Mutter Plow besser macht und der Schaschlik bei meinem Onkel auf dem Dorf besser schmeckt.

Ganz allgemein kann man zu russischer Kueche Folgendes erzaehlen (und ich entschuldige mich, falls ich irgendwelche falschen Feststellungen mache): Die normale, taegliche Hausmannskost ist wirklich einfach: keine uebertriebenen Kombinationen aus allen Lebensmitteln (Gurke, Tomate, Kartoffel - das reicht doch!), keine Sossen (Ketchup, Butter oder Schmand - mehr braucht man doch nicht, oder?), keine uebertriebenen Gewuerze und Kraeuter (Pfeffer, Dill und Petersilie - das ganza Jahr ueber), dafuer aber umso mehr Fleisch!!
Vegetarier - bringt euer eigenes Essen mit.

Am Ufer versuchten wir den Massen an Touristen zu entfliehen, doch die Russen, Australier, Chinesen und Koreaner fotografierten jeden Zentimeter des Baikalsees.
Gerade wegen dieses Ueberangebots an Touris machte diese Stadt, obwohl sie sonst so von den Reisefuehrern angepriesen wurde, auf uns keinen sympathischen Eindruck und wir waren froh, als wir die Marschrutka (Linientaxi) zurueck nach Irkutsk nahmen.

In Irkutsk angekommen, schoben wir uns hungrig durch die Gassen des Riesenmarkts, auf der Suche nach Zutaten fuer das Geburtstagsfestessen meines Freundes. Bei den eingelegten Sachen pluenderten wir den Stand regelrecht und die Verkaeuferin schenkte uns noch ein paar Salate und Schweineohren dazu. Dazu gab es noch Fischquiche, Walnuss-Apfel-Torte, und wirklich guten Kaviar mit Weissbrot.

In unserem Hostel in Irkutsk endlich angekommen, deckten wir den Festtisch und feierten den Geburtstag meines Freundes. Leider konnte die Feierei nicht lang gehen, da am naechsten Morgen um 5 Uhr morgens schon unser Zug in die Mongolei abfuhr. Und waehrend sich die anderen fuer ein paar Stunden aufs Ohr legten, nutzte ich meine letzte Chance fuer eine lange Zeit, den Gemeinschaftscomputer fuers Bloggen bis zum Aufbruch um 4 Uhr Uhr morgens zu besetzen.

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